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Ich nehme Bisphosphonate – Kann ich trotzdem Implantate bekommen?

Siebers Team

Bisphosphonate und andere Antiresorptiva wie Denosumab werden bei verschiedenen Tumorerkrankungen wie Brust- und Prostatakrebs oder dem multiplen Myelom und ebenso oder vor allem bei der Diagnose Osteoporose verschrieben. Wenn man bedenkt, dass derzeit in Deutschland ca. 10 Mio. Patienten an Osteoporose erkrankt sind, betrifft diese Medikation gar nicht so wenige Patienten in der Zahnarztpraxis.

Diese Antiresorptiva beeinflussen den Knochenstoffwechsel, indem sie beispielsweise Osteoklasten – das sind Zellen, die den Knochen abbauen sollen – blockieren. Das ist wichtig, um zum Beispiel das Auftreten von Knochenbrüchen zu verhindern oder bei Knochenmetastasen die Schmerzen zu verringern.

Dabei lagern sich Bisphosphonate (z.B. „Alendronat“, „Ibandronat“, „Zoledronat“) im Knochen ab und überleben dort selbst nach Absetzen der Medikation durch eine Halbwertszeit von ca. 10 Jahren sehr lange. Bei dem etwas neueren Denosumab verhält es sich anders, es wird nicht in den Knochen eingelagert und besitzt auch nur eine Halbwertszeit von ca. 25 Tagen. Trotzdem ist es nicht so, dass Denosumab dadurch generell für den Kieferknochen das harmlosere Medikament ist.

Bei allen wichtigen Therapieerfolgen, die durch diese Medikamente erzielt werden können, wird im Mundraum eine ernst zu nehmende Nebenwirkung beobachtet: Die so genannte Antiresorptiva-assoziierte Kiefernekrose. Das bedeutet, dass der Kieferknochen im Ober- und/oder Unterkiefer quasi abstirbt und häufig frei an der Oberfläche liegt oder sich vom gesunden Kieferknochen ablöst (so genannte „Sequester“). Diese Nekrosen sind häufig von unklaren Beschwerden bis hin zu starken Schmerzen begleitet und treten teilweise mit anderen Symptomen wie Fisteln, Kieferhöhlenzysten oder Kieferfrakturen auf. Die Diagnose stellt zumeist Ihr Zahnarzt / Ihre Zahnärztin bei der Routineuntersuchung oder bei der Anfertigung und Auswertung von Röntgenbildern.

Die Häufigkeit dieser Nebenwirkungen im Mundraum ist stark von verschiedenen Einflussfaktoren abhängig. Die Dauer der Medikamentengabe, die Art und Dosis des Medikaments, die Art der Verabreichung und die zusätzlichen Grunderkrankungen mit deren Zusatzmedikation spielen hier eine große Rolle. Dabei liegt das Risiko des Auftretens einer Nekrose beispielsweise bei der primären Osteoporose mit üblicherweise geringer oraler Medikation bei 0-0,5% und steigt auf bis zu 20% an, wenn metastasierende Tumoren mit hohen Medikamentendosen und vielen Begleittherapien vorliegen.

Für Sie als Patient/-in ist wichtig, dass Sie einen Termin zur zahnärztlichen Untersuchung vereinbaren, sobald Sie von Ihrem behandelnden Arzt die Therapieempfehlung eines Antiresorptivas bekommen. Den meisten Medizinern ist diese Nebenwirkung bekannt, sodass sie den Patienten/-innen von sich aus eine Zahnarztkontrolle im Vorhinein empfehlen. Lässt sich die Medikamentengabe noch zeitlich aufschieben, ist es dann wichtig, dass alle möglichen Infektionsherde beseitigt werden. Dazu gehören das Entfernen von nicht therapierbaren Zähnen oder entzündeten Weisheitszähnen, die Behandlung entzündeter Wurzelspitzen oder Zahnfleischtaschen, gegebenenfalls die Anpassung eines Zahnersatzes, der auf dem Zahnfleisch liegt und möglicherweise auch das Setzen von Implantaten, die einen herausnehmbaren Zahnersatz verhindern können.

Generell gilt, dass alle chirurgischen Eingriffe unter und nach der Medikamentengabe von Antiresorptiva wenn möglich vermieden werden sollten, da die Wundheilung deutlich eingeschränkt ist und diese Eingriffe gehäuft den Beginn einer Kiefernekrose darstellen. Ist ein chirurgischer Eingriff nötig, muss er unter strengen Bedingungen wie einer antibiotischen Abschirmung, einer perfekten Wunddeckung und einer Glättung aller scharfen Knochenkanten erfolgen. Für alle nicht-chirurgischen Maßnahmen wie Füllungen, (Teil-)kronen oder Inlays, Wurzelkanalbehandlungen oder Zahnreinigungen ebenso wie nicht-chirurgische Parodontaltherapien gelten allerdings keine Einschränkungen.

Wie verhält es sich nun, wenn ein Patient / eine Patientin mit einem oder mehreren Implantaten versorgt werden möchte, während oder nachdem er / sie Antiresorptiva eingenommen hat? Generell gilt hier eine strenge Indikationsstellung und der Behandlung bei einem Spezialisten / einer Spezialistin sollte in jedem Fall der Vorzug gegeben werden. Die allgemeine Empfehlung zieht aber das Setzen von Implantaten mit darauf befestigtem festsitzenden Zahnersatz der Anfertigung von herausnehmbarem Zahnersatz (Prothesen) vor. Der Grund ist, dass Prothesen auch oder ausschließlich vom Zahnfleisch getragen werden und häufig Druckstellen verursachen können, die im Nachgang stärker zu Kiefernekrosen führen können als das chirurgische Setzen von Implantaten. Sprechen Sie hier also unbedingt mit Ihrem Zahnarzt / Ihrer Zahnärztin über mögliche Therapieoptionen.;

In jedem Fall ist eine perfekte Mundhygiene wie so oft die größte Voraussetzung für die Gesundheit in Ihrem Mundraum. Bei der Einnahme der oben genannten Medikamente wird Ihnen Ihr(e) Dentalhygieniker(in) möglicherweise empfehlen, alle 3-4 Monate anstelle von 6 Monaten zu Professionellen Zahnreinigung zu erscheinen und auch zu Hause sollten Zähne und Zahnfleisch besonders gründlich sauber gehalten werden. Diese Maßnahmen reduzieren am allermeisten die Entstehung von entzündlichen Eintrittspforten wie Zahnfleischtaschen und die Notwendigkeit, dass ein zu vermeidender zahnärztlicher Eingriff überhaupt stattfinden muss. Die zahnärztlichen Kontrollen sollten besonders ernst genommen werden, damit Ihr Zahnarzt / Ihre Zahnärztin in regelmäßigen Abständen Ihren Kiefer auf erste Anzeichen von Nebenwirkungen hin untersuchen kann.

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